Logistik

Die Zukunft von Liefer- und Wertschöpfungsketten

Die Übergänge zwischen Liefer- und Wertschöpfungsketten bzw. zwischen Logistik und Produktion werden zunehmend fließend. Die Zahl der Logistikdienstleister, die klassische Produktionsaufgaben übernehmen, wächst. Vor- und Endmontage werden zur Aufgabe von Dienstleistern, die früher allein für Transporte und Lagerbestände zuständig waren. Eine immer größere Zahl von Produkten und Halbzeugen wird von Dienstleistern montiert oder sogar erzeugt, darunter beispielsweise Autoteile, Computer und Grundstoffe für die chemische Industrie. Die Systemgrenzen zwischen Logistik und Produktion, zwischen Liefer- und Wertschöpfungsketten lösen sich auf.

Doch damit ist man nur am Anfang des Produktlebenszyklusses – am Ende stehen Rückführung und Recycling, mit denen sichergestellt wird, dass Stoffkreisläufe geschlossen, Sekundärrohstoffe gewonnen und Schadstoffe sicher abgebaut oder verwahrt werden. Auch hier eröffnet sich mit steigenden Rohstoffpreisen und Recyclingkosten ein zunehmend attraktiver Markt für Logistikdienstleister weit jenseits von Transport, Lagermanagement und ergänzenden Dienstleistungen.

Die zunehmenden Übergänge zwischen vormals getrennten Sphären bergen eine Vielzahl von Chancen und Risiken für die Logistik und für die Produktion. Chancen, die von Logistikunternehmen rechtzeitig ergriffen werden müssen, bevor andere Lösungsanbieter den Markt erobern. Es besteht das Risiko des Verlusts lukrativer Aufgaben, wenn die Bereitschaft zur Ausweitung des eigenen Angebots zu beschränkt ist. Andererseits gilt es klar zu erkennen, dass neue Angebote neue Kompetenzen erfordern. Hier ist vor allem auch an die Dynamiken zu denken, mit denen sich Umbrüche vollziehen und an die oft erstaunlichen Geschwindigkeiten bei der Vorwärts- und Rückwärtsintegration.

In einem Projekt, das ich gemeinsam mit Prof. Dr. Thomas Krupp begleitet habe, fragte einmal ein Teilnehmer treffend: „Heißt das etwa, dass die Produktion zum Anhängsel der Logistik wird?“ Meine Rückfrage lautete: „Ist das nicht schon längst der Fall?“ Für die engere Verzahnung und die neuen Abläufe und Prozesse müssen Schnittstellen neu definiert und innovative Geschäftsmodelle entwickelt werden. Auffällig ist, dass beide Seiten die Möglichkeiten häufig nicht erkennen, weil sie in den klassischen Schubladen denken.

Ich schlage da immer wieder gerne die Trommel für Fokusgruppen mit Experten und für Zukunftswerkstätten mit Kunden. Diese erlauben es zu verstehen, was sich beim Kunden aktuell und in Zukunft verändern wird, welche Bedürfnisse sich verlieren und welche neu entstehen. Dabei lässt sich kritisch prüfen, ob das eigene Leistungsportfolio in Zukunft noch das Leistungsportfolio ist, das am Markt benötigt wird, und was getan werden kann, um sich rechtzeitig auf neue und zukünftige Anforderungen einzustellen.